In den Jahren nach dem Krieg rangen die Menschen unter schwierigsten Bedingungen um eine Rückkehr zur Normalität. Bereits zum Jahresbeginn 1946 endete die amerikanische Besatzungszeit und mit dem Wegfall der abendlichen Sperrstunden im Frühjahr 1946 begann ganz langsam wieder das normale Leben einzukehren. Die Lebensverhältnisse blieben jedoch beschwerlich, da nur allernotwendigste Mengen an Lebensmitteln ausgegeben wurden. Baustoffe blieben knapp und so verlief der Wiederaufbau nur zögerlich. Langsam kehrten auch die Soldaten und Kriegsgefangenen sehr zur Freude ihrer Angehörigen in ihre Heimat zurück. Auch zahllose Flüchtlinge und Heimatvertriebene gelangten nach Eggenstein und Leopoldshafen, wodurch sich die ohnehin bereits schon schlechten Wohnraumverhältnisse noch weiter zuspitzten. Mit den „Neubürgern" aus ost- und südosteuropäischen Ländern veränderten sich grundlegende althergebrachte Strukturen in Religion und Mentalität. Doch schon bald waren die neuen Einwohner ins gesellschaftliche Leben gut integriert. Ab den 1950er-Jahren setzte ein merklicher Wirtschaftsaufschwung ein und die Planung neuer großflächiger Baugebiete, insbesondere in Eggenstein, sollte der nach wie vor bestehenden Wohnraumknappheit Abhilfe leisten. Und tatsächlich setzte ein bislang unkekannter Bauboom ein, großflächige Ackergebiete wurden Bauland. Damit einher ging ein Anwachsen der Bevölkerungszahl: Hatten in Eggenstein 1946 noch 3350 Einwohner gelebt, hatte sich deren Zahl bis 1974 mit 6076 gesteigert und damit auf nahezu das Doppelte vergrößert. In Leopoldshafen lebten 1946 1174 Personen und im Jahre 1974 5168 !! Die beinahe auf das fünffache gesteigerte Zahl war dort jedoch noch einem anderen Faktor zuzuschreiben: mit der zunächst von der Einwohnerschaft heftig bekämpften Errichtung eines Forschungsreaktors im Hardtwald ab 1956 und dem folgenden Ausbau zum Kernforschungszentrum Karlsruhe wurden in der Hardt die Tore zur Moderne weit aufgestoßen. So etwas hatte man in Leopoldshafen noch nicht gesehen: eine unglaubliche Fläche Wald, noch größer als Leopoldshafen selbst, wurde im östlichen Hardtwald zur Errichtung der Forschungsanstalt gerodet. Institute und Anlagen sowie ein Forschungsreaktor wuchsen im Wald in die Höhe. Wissenschaftler aus ganz Deutschland und der Welt zogen hierher, um in aufregenden Experimenten den Geheimnissen des Atoms und des Universums auf die Schliche zu kommen. Freilich fehlte es an Wohnraum für die Forscher und so wurden auch in Leopoldshafen neue Baugebiete geplant. Nach einer „Reaktorwohnsiedlung" am östlichen Dorfrand ab den 1950er Jahren entstand östlich der alten Bundesstraße 36 bis in die 1970er Jahre ein futuristisches Wohnviertel, in dem Hochhäuser und große Wohnblöcke ganz im Stil der Zeit in den Himmel wuchsen. Eggenstein und Leopoldshafen befanden sich in diesen Jahrzehnten auf dem Sprung in die Moderne, was sich auch in Fragen der Ortsplanung und Architektur niederschlug: alte jahrhundertealte Gebäude fielen einem Abbruch zum Opfer und die heimeligen Ecken wichen nach und nach der kühlen Moderne. Inmitten dieser Aufbruchszeit erschienen dunkle Wolken am Himmel: die Landesregierung Baden-Württemberg forcierte ab Beginn der 1970er-Jahre Bestrebungen zur Reform des öffentlichen Gemeinwesens, in deren Zuge größere leistungsfähigere Verwaltungseinheiten geschaffen werden sollten. Karlsruhe setzte zum Sprung an und drohte mit Eingemeindungen. Eggenstein und Leopoldshafen befanden sich im Zugzwang: beide Orte sollten sehr zum ungläubigen Entsetzen ihrer Einwohnerschaft in größeren Verwaltungseinheiten aufgehen. Die Landesregierung machte Ernst mit ihren Planungen und inmitten der mit Zähneknirschen geführten erzwungenen Verhandlungen mit den Nachbargemeinden fand sich quasi in letzter Minute eine sogenannte „kleine Lösung", die mit Eggenstein und Leopoldshafen eine Fusion von lediglich zwei Gemeinden vorsah. So geschah es, und nach der Vertragsunterzeichnung durch die Bürgermeister Emil Knobloch von Eggenstein und Hermann Uebelhör von Leopoldshafen am 17. Mai 1974 in der Aula der Eggensteiner Hauptschule trat die Gemeindefusion zum 01. Dezember 1974 in Kraft.
Der Text stammt von Steffen Dirschka, ehemaliger Gemeindearchivar. Er wurde von Wolfgang Knobloch, ehrenamtlicher Museumsleiter, und der Gemeindearchivarin Katrin Kranich fortgeschrieben. Ausführlicher können Sie alles in den Chroniken der beiden Ortsgemeinden nachlesen, die im Rathaus und der Buchhandlung Krissel erhältlich sind.