Die goldenen Zeiten fanden mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs im August 1914 ein vorläufiges Ende. Mitten in der Erntezeit wurde der Kriegszustand erklärt und die allgemeine Mobilmachung verkündet. Da die Männer zu den Waffen berufen wurden, lasteten immer mehr Aufgaben auf den Schultern der Frauen und Alten. Nach ersten Schlachten im Westen wurde vom Frauenverein des Roten Kreuzes im Schulhaus in der Kirchenstraße ein Lazarett eingerichtet. Doch mit zunehmender Länge des Krieges wurden die Auswirkungen der Kriegswirtschaftsverordnungen zunehmend spürbar: neben der Einführung von Lebensmittelkarten wurden Rationierungen durchgesetzt und Ernteabgaben auferlegt. Wucher und Tauschhandel florierten. Nachdem die Zahl der Einberufungen und damit ein Mangel an Arbeitskräften spürbar groß geworden waren, wurden in Eggenstein 15 russische Kriegsgefangene als landwirtschaftliche Hilfskräfte zur Verfügung gestellt. Zu allem Unglück warf im Winter 1917/18 eine Grippe ganze Familien aufs Krankenlager und eine spätere Ruhrepidemie forderte auch unter den Ortseinwohnern zahlreiche Opfer. Im Jahre 1918 wurden die Zustände immer schlimmer. Die Nahrungsknappheit lockte zahlreiche Hamsterer aus den Städten aufs Land und feindliche Flieger gelangten bis nach Karlsruhe, wo sie durch einen Bombenabwurf auf einen Zirkus am Ettlinger Tor ein Blutbad anrichteten. Nach dem Zusammenbruch der deutschen Fronten und dem Kriegsende im November 1918 hatten Eggenstein 96 und Leopoldshafen 26 Gefallene zu beklagen.
Es folgten wiederum schwere wirtschaftliche Zeiten, da Deutschland den Krieg verloren hatte und fortan zu Reparationsleistungen verpflichtet wurde. Nahrungsmittel blieben knapp und eine ausufernde Inflation trieb die Preise für Nahrungsmittel und Sachgüter in astronomische Höhen. Im Juni 1923 wurde Leopoldshafen durch 120 französische Besatzungssoldaten belegt, um den angeblich im Hafen florierenden Schmuggel zu unterbinden. Doch unverrichteter Dinge waren die Männer schon bald wieder zu einem Abzug gezwungen.
Trotz aller wirtschaftlicher Not, gelang in Eggenstein Dank einer soliden Haushaltspolitik die Umsetzung bedeutender Großprojekte in der Gemeinde: 1919 erhielt der Ort eine elektrische Beleuchtung und 1925/26 wurde der Bau einer ortsweiten Wasserleitung umgesetzt. Die alten Pumpbrunnen hatten ausgedient und verschwanden hinfort aus dem Straßenbild. In Leopoldshafen hielt ab dem Jahre 1920 die elektrische Beleuchtung Einzug. Eine öffentliche Wasserversorgung sollte dort jedoch erst 1961 realisiert werden.
Auf die schwere Wirtschaftskrise der 1920er Jahre folgte eine ausufernde Arbeitslosigkeit. Verständlicherweise suchten die Menschen nach neuen radikalen Auswegen aus dem Dilemma und so war es kaum verwunderlich, dass radikalen Parteien und Gruppierungen, wie der NSDAP unter Adolf Hitler, ein günstiger Nährboden bereitet wurde. Doch nur Wenige durchschauten die Janusköpfigkeit der neuen Führerfigur und so stand Deutschland vor einem verhängnisvollen und unglückseligen Abenteuer.
Der Text stammt von Steffen Dirschka, ehemaliger Gemeindearchivar. Er wurde von Wolfgang Knobloch, ehrenamtlicher Museumsleiter, und der Gemeindearchivarin Katrin Kranich fortgeschrieben. Ausführlicher können Sie alles in den Chroniken der beiden Ortsgemeinden nachlesen, die im Rathaus und der Buchhandlung Krissel erhältlich sind.