Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 wurde es auch in Eggenstein und Leopoldshafen ernst: noch am selben Abend wurde auf höhere Anordnung durch die Straßen Eggensteins ein Fackelzug durchgeführt, an dessen Abschluß zwischen Kirche und Rathaus die Flagge der Weimarer Republik verbrannt wurde. Auf Antrag der NSDAP-Ortsgruppe wurde auf dem Rathaus die Hakenkreuzflagge gehisst. In den Gemeinden hielt also die neue Ideologie Einzug und unwillige Personen des öffentlichen Lebens, wie beispielsweise der Eggensteiner SPD-Gemeinderat Julius Gretschmann, wurden mundtot gemacht.
Die folgenden Jahre standen ganz im Zeichen des Nationalsozialismus und seiner Ideologie. 1937 wurde von der Gemeinde das Gasthaus zur Krone in der Hauptstraße erworben und darin ein NSDAP-Parteiheim eingerichtet. Im Rahmen von Projekten des Reichsarbeitsdienstes wurden große Unternehmungen zur Verbesserung der Infrastruktur, wie beispielsweise der Bau des Pfinzentlastungskanals zwischen Eggenstein und Leopoldshafen, angegangen.
Zu diesem Zweck existierten im Umfeld beider Orte insgesamt 4 RAD-Lager: am heutigen Waldgrillplatz bei Spöcker Weg und Linkenheimer Allee das Lager Leo Berger, im Eggensteiner Tiefgestade in der Krautenau das Lager Rudolf von Eschwege, im Tiefgestade bei Leopoldshafen das Lager Markgraf Karl Wilhelm und schließlich im heutigen Rosenweg in Eggenstein ein RAD-Lager der weiblichen Jugend.
Doch dass sich das neue Deutschland zum Krieg rüstete, blieb auch in Eggenstein und Leopoldshafen unübersehbar, als im August 1938 quasi über Nacht zahllose LKW’s mit Kies, Zement und anderen Baustoffen hin und her rollten und am Rhein, auf den Feldern und im Hardtwald zahllose Bunker für einen Westwall errichteten. Nicht einmal ein ganzes Jahr dauerte das emsige Treiben und im Mai 1939 stattete sogar der Führer höchstpersönlich den Eggensteinern einen Besuch ab, um die inzwischen fertiggestellten Anlagen zu besichtigen. Umjubelt von Alt und Jung zog er in einem Fahrzeug durch die Straßen Eggensteins und in einem Bahnwaggon auf einem Nebengleis des Bahnhofs wurde übernachtet.
Der Ausbruch des Krieges ließ nicht lange auf sich warten. Noch Ende August 1939 bezogen militärische Truppen die fertiggestellten Westwall-Bunker auf der Gemarkung und Anfang September begann mit der Kriegserklärung Deutschlands an Polen und damit dem 2. Weltkrieg das bislang brutalste und opfervollste Gemetzel aller Zeiten. Die Männer in den Dörfern wurden zum Krieg eingezogen und mit der Länge des Krieges wuchsen auch in Eggenstein und Leopoldshafen die Opferzahlen und tragischen Familienschicksale.
Bereits recht früh folgten Bombenangriffe alliierter Flieger auf Karlsruhe und sein Umland. In der Nacht vom 23./24. August 1941 fielen Brandbomben auf der „Wilhelmshöhe". Um die benachbarte Großstadt Karlsruhe möglichst lange vor Bombenangriffen zu schützen und feindliche Flieger in die Irre zu führen, wurden im nördlichen und südlichen Umland von Karlsruhe insgesamt drei Attrappenanlagen errichtet, die strategisch bedeutsame Ziele der Stadt nachempfanden. Die im Hardtwald bei Leopoldshafen erbaute großflächige, beleuchtbare und beflammbare Scheinanlage „Columbia" sollte den feindlichen Fliegern des Nachts die baulichen Strukturen des Karlsruher Hafens vorgaukeln. Eine Zeit lang gelang es, durch diesen Trick feindliche Flugzeugstaffeln von Karlsruhe abzulenken; stattdessen fielen die Bomben auf Felder und Wälder des Umlands.
Ab 1942/43 wurden die Dörfer immer öfter und jetzt auch bei Tag von Fliegern heimgesucht und abgeworfene Flugblätter sollten ihre zersetzende Wirkung entfalten. 1944 wendete sich das Kriegsglück Deutschlands zum Schlechten und hinter vorgehaltener Hand munkelte man in so mancher Familie bereits über ein nahendes Kriegsende mit schlechtem Ausgang.
Die folgenschwersten Luftangriffe fanden in Eggenstein am 08.09.1944 und 11.12.1944 statt, bei denen Wohn- und Stallungsgebäude in der Werder-, Kirchen- und Wilhelmstraße getroffen wurden und das alte Schulgebäude in der Kirchenstraße in Trümmer fiel. Leopoldshafen wurde am 11.02.1945 bombardiert: die unweit der Evangelischen Pfarrkirche einschlagenden Sprengbomben zerstörten zahlreiche Gebäude und töteten einen Einwohner. Gegen Ostern 1945 standen alliierte französische Truppen bereits auf linksrheinischer Seite vor den Toren Leopoldshafens. An den Westwallbunkern folgten verlustreiche Kämpfe und französisches Militär kämpfte sich bis aufs Gelände beim heutigen Baggersee vor.
Letzte deutsche Soldaten räumten das Dorf und in den Morgenstunden des Ostermontags, den 02.04.1945, marschierten die Franzosen ohne Gegenwehr ins Dorf ein. Und hier wurde schlimm gewütet: sämtliche Uniformierten des Dorfes vom Förster zum Feuerwehrmann hatten auf dem Rathausplatz zu erscheinen und auf ein Führerbild zu spucken. Das Mobiliar des Schulhauses wurde auf die Straße gekippt und angezündet, ein deutscher Soldat wurde auf der Flucht auf offener Straße erschossen. Sämtliche Radiogeräte, Vieh und Nahrung wurden eingezogen und abgeschlachtet. Am nördlichen Dorfausgang von Eggenstein wurde gleichzeitig mit dem Bau von Panzersperren begonnen, um ein Vorrücken des Feindes zu behindern. Freilich gerieten die Stellungen unter heftigen Beschuß und die letzten Widerstand leistenden Truppen sprengten die Straßenbrücke und die Eisenbahnbrücke über den Pfinzentlastungskanal.
Schließlich wichen auch in Eggenstein die letzten Soldaten der feindlichen Übermacht und machten damit den Weg frei für den Einzug der französischen Infanterie. Hier wurden Männer zusammengetrieben und festgehalten und einige als Geiseln benutzt, denen beim geringsten Widerstand aus der Bevölkerung die Erschießung drohte. Auch in Eggenstein wurde schlimm geplündert und die letzten verbliebenen NS-Parteigenossen wurden in der Würzburgerschen Fabrik gefangengesetzt und übel misshandelt.
Mit dem deutschen Waffenstillstand am 08.05.1945 war der Krieg beendet. Als im Juli 1945 das heimische Gebiet an die amerikanische Besatzungszone überging und die Franzosen abmarschierten, atmeten die Leute auf und es trat schnell eine Besserung der Verhältnisse ein.
Der Text stammt von Steffen Dirschka, ehemaliger Gemeindearchivar. Er wurde von Wolfgang Knobloch, ehrenamtlicher Museumsleiter, und der Gemeindearchivarin Katrin Kranich fortgeschrieben. Ausführlicher können Sie alles in den Chroniken der beiden Ortsgemeinden nachlesen, die im Rathaus und der Buchhandlung Krissel erhältlich sind.